Warum RFQs im Einkauf mehr Aufmerksamkeit verdienen
Formalisierte Preisanfragen (RFQs) gehören zu den grundlegenden Werkzeugen im Einkauf – und sind in Zeiten von Kosten- und Effizienzdruck relevanter denn je. Doch der Blick in die Praxis zeigt: Der RFQ-Prozess im Einkauf wird in vielen Unternehmen nach wie vor stiefmütterlich behandelt – zu informell, zu wenig automatisiert, zu selten gezielt genutzt. Aktuelle Studien von Deloitte und der Hackett Group belegen: Trotz hoher Relevanz bleiben RFQ-Anfragen oft ungenutzt – vor allem in Hinblick auf Digitalisierung, Prozessgeschwindigkeit und Einsparungspotenziale.
Inhalt
- RFQs sind verbreitet, aber selten strategisch gedacht – und verschenken so Effizienzpotenzial.
- Studien zeigen: Digitale RFQs senken Kosten und beschleunigen Entscheidungen messbar.
Warum RFQs trotz niedriger Einstieghürde selten systematisch genutzt werden
Ein RFQ (Request for Quotation) ist eine formalisierte Angebotsanfrage an mehrere Lieferanten – typischerweise bei klar spezifizierten Produkten oder Dienstleistungen. Ziel ist es, vergleichbare Angebote effizient einzuholen und zu bewerten.
Im Unterschied zum Request for Proposal (RFP) liegt der Fokus beim RFQ primär auf dem Preis. Damit ist er ideal geeignet für standardisierte, digitale Prozesse.
Doch hier zeigt sich ein Widerspruch:
- Niedrige Einstiegshürde, aber wenig Automatisierung: Trotz einfacher Umsetzung bleiben viele RFQ-Prozesse informell – via Mail, Excel oder Telefon.
- Fehlende Systemintegration: In vielen ERP-Systemen wie SAP S/4HANA ist der RFQ im Einkauf nicht intuitiv abgebildet. Workarounds sind die Folge.
- Geringe Sichtbarkeit: Während RFPs (Request for Proposal) meist in großen Projekten genutzt werden, laufen RFQs oft nebenbei – und versanden.
Je einfacher ein Prozess erscheint, desto eher wird er im Alltag „verkürzt“. Viele Einkaufsabteilungen greifen noch zu E-Mail und Excel – oft aus Zeitdruck oder Gewohnheit.
Genau das macht RFQs zum „blinden Fleck“ im Einkauf – und gleichzeitig zum größten ungenutzten Hebel für schnelle Effizienzgewinne.
Was sagen die Zahlen zur Bedeutung von RFQ im Einkauf?
Dass der RFQ-Prozess in vielen Unternehmen noch immer stiefmütterlich behandelt wird, ist kein Einzelfall – sondern durch Zahlen belegbar. Studien zeigen, wie groß die Lücke zwischen Anspruch und Realität im Einkauf tatsächlich ist – und wie viel Potenzial durch fehlende Struktur und fehlende Digitalisierung verloren geht.
Drei aktuelle Benchmarks geben Einblick:
👉 1. Deloitte Global Chief Procurement Officer Survey 2023
Wer wurde befragt?
Rund 350 CPOs und leitende Einkaufsverantwortliche aus über 40 Ländern, mit breiter Branchendeckung – von Industrie bis öffentlicher Sektor.
Fokus der Studie:
Die Studie analysiert die aktuellen Herausforderungen und Prioritäten im Einkauf, insbesondere im Hinblick auf Digitalisierung, Prozessautomatisierung, Rolle neuer Technologien (u. a. KI) im Einkauf sowie Kostenkontrolle und Effizienz.
Ein Schwerpunkt liegt auf der Automatisierung von Beschaffungsprozessen, darunter explizit die digitale Angebotsabfrage (RFQ), Lieferantenkommunikation und Angebotsvergleiche.
Highlights:
61 % der Einkaufsleiter geben an, ihre Beschaffungsprozesse stärker automatisieren zu wollen. Besonders genannt werden die digitale Angebotsabfrage (RFQ), Lieferantenkommunikation und Angebotsvergleiche.
Die größten Hemmnisse sind fehlende Systemintegration und hoher manueller Aufwand bei der Auswertung.
Der RFQ-Prozess wird zunehmend als Hebel zur Effizienzsteigerung und Kostenkontrolle erkannt – scheitert in der Praxis aber oft an technischen oder organisatorischen Barrieren.
Quelle: Deloitte (2023): Global CPO Survey.
👉 2. The Hackett Group: Procurement Key Issues Study 2024
Wer wurde befragt?
Führungskräfte und Einkaufsleiter weltweit (konkrete Teilnehmerzahl nicht veröffentlicht), Branchenmix mit Fokus auf Fortune-500- und Großunternehmen. Die Daten basieren auf jährlichen Benchmarks und CPO-Agenden.
Fokus der Studie:
Top-Prioritäten im Einkauf 2024: Auswirkungen wirtschaftlicher Unsicherheit, digitale Reife von Einkaufsorganisationen, Leistungsunterschiede zwischen „Digital World Class“-Unternehmen und dem Durchschnitt.
Highlights:
- Top Performer sparen bis zu doppelt so viel bei ihren Sourcing-Projekten wie der Durchschnitt. Besonders profitieren operative Prozesse mit hohem Anfragevolumen und wiederkehrenden Bedarfen – genau hier wirken digitalisierte RFQs als Effizienztreiber.
- 21 % geringere Kosten im Einkauf bei digital fortgeschrittenen Unternehmen.
- Die Kosten pro Bestellung sinken um bis zu 76 %, u. a. durch automatisierte Angebotsvergleiche und standardisierte Self-Service-Modelle.
Der Request for Quotation ist nicht nur ein Einkaufsinstrument, sondern ein strategischer Hebel für Kostensenkung, Transparenz und Geschwindigkeit, insbesondere wenn Prozesse systemgestützt abgebildet werden.
Quelle: Hackett Group (2024): Procurement Key Issues Study
👉 3. The Hackett Group und Ivalua: Procurement Agenda and Key Issues Study Results 2025
Auch in der Folgestudie 2025 zeigen sich ähnliche Muster – in manchen Punkten sogar noch deutlicher. Die dort befragten Einkaufsleiter bestätigen, dass Kostenreduktion 2025 weiterhin mit Abstand die wichtigste Priorität bleibt.
Besonders auffällig: Der Anteil der Unternehmen, die digitale Self-Service-Prozesse im Sourcing implementieren wollen, ist nochmals gestiegen – vor allem zur Entlastung des operativen Einkaufs.
Ein interessanter Unterschied zur Vorjahresstudie:
Während 2024 noch viele Unternehmen das Fehlen standardisierter Prozesse als Haupthindernis nannten, scheint 2025 der Fokus verstärkt auf dem Business Impact der Digitalisierung zu liegen – also der Frage, was messbar besser läuft, wenn RFQ-Prozesse digital aufgesetzt sind.
Die Zahlen belegen nicht nur die Relevanz von RFQs – sie zeigen, wie viel Potenzial in einer sauberen, digitalen Umsetzung steckt.
Quelle: Hackett Group/Ivalua (2025): Procurement Agenda and Key Issues Study Results
Künstliche Intelligenz in RFQs – Insights aus der Hackett Group Procurement Agenda 2025
Die Studie hebt Generative AI als zentralen Hebel für Effizienz und Datenqualität hervor – besonders im Kontext strukturierter RFx-Prozesse wie RFQs.
Potenziale liegen in:
• Prozessautomatisierung (z. B. Scoring, Angebotsvergleich)
• Data Mining & Supplier Insights
• Content-Generierung (z. B. RFQ-Vorlagen, Leistungsbeschreibungen)
Der Konsens:
- Die Mehrheit der Befragten sieht Generative AI als echten Game Changer – allerdings unter der Bedingung, dass Prozesse und Datenqualität im Unternehmen entsprechend vorbereitet sind.
- Besonders im Kontext von RFX-Verfahren wird deutlich: Nur wer standardisierte Abläufe und saubere Datenstrukturen etabliert hat, kann die Vorteile von KI wirklich nutzen.
Quelle: The Hackett Group / Ivalua (2025). Procurement Agenda and Key Issues
Fazit: RFQs verdienen mehr Aufmerksamkeit – für weniger Aufwand und bessere Ergebnisse
Der RFQ-Prozess ist mehr als ein operatives Pflichtprogramm. Richtig aufgesetzt, ist er ein strategisches Werkzeug zur Kostenoptimierung, Qualitätssicherung und Beschleunigung von Beschaffungsentscheidungen. Richtig digitalisiert, verbessert er nicht nur Preise – sondern den gesamten Beschaffungsprozess.
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