Lean Services mit Item Hierarchies: Wo stehen wir heute mit GAEB?
Bauausschreibungen im GAEB-Format, das ist mit „Item Hierarchies“, einem neuen Feature und Datenmodell von SAP, nicht möglich, so haben wir Anfang 2024 in einem Blogbeitrag geschrieben. In unserer jüngsten Lösung FUTURA Smart haben wir dies nun genau umgesetzt. Was hat sich geändert? Darüber spricht Hartmut Schwadtke, CEO von Futura Solutions.
- SAP ersetzt MM-SRV durch Lean Services mit Item Hierarchies.
- GAEB-konforme Bauausschreibungen sind damit (noch) nicht möglich.
- SAP Ariba unterstützt keine Item Hierarchies bzw. mehrstufigen Positionsverzeichnisse.
- FUTURA Smart schließt die Lücke – mit GAEB-Kompatibilität trotz SAP-Restriktionen.
Wodurch zeichnen sich „Item Hierarchies“ aus und was haben sie mit GAEB zu tun?
Hartmut Schwadtke: Mit dem Einkauf und der Abwicklung von Bauleistungen kennen wir uns sehr gut aus. Daher sind wir auch mit GAEB als Standard für die strukturierte Ausschreibung und den Austausch von Leistungsverzeichnissen im Bauwesen, bestens vertraut. Bislang konnte dies über das SAP-Modul MM-SRV abgebildet werden.
Die „Item Hierarchies“ wiederum sind ein neues Datenmodell von SAP, das mit S/4HANA eingeführt wurde, um Serviceleistungen, hier „Lean Services“ genannt, in einer hierarchischen Struktur abzubilden. Langfristig sollen sie das Modul MM-SRV ablösen. Auf jeden Fall schlägt SAP bei jeder S/4HANA Einführung vor, MM-SRV nicht mehr einzurichten, obwohl dieses Modul immer noch unter S/4HANA unterstützt wird.
Vor einem Jahr haben Sie geschrieben, dass Lean Services with Item Hierarchies kein adäquater Ersatz für MM-SRV sind. Gilt das immer noch?
Hartmut Schwadtke: Ja, das gilt nach wie vor und wird erst einmal so bleiben, bis SAP seine Item Hierarchies weiterentwickelt. Item Hierarchies sind kein Ersatz für MM-SRV. Während wir bei MM-SRV über eine fast vollständige GAEB-Konformität sprechen, können wir mit Item Hierarchies lediglich eine bestimmte GAEB-Kompatibilität erreichen. Das liegt an einigen Restriktionen, die das Arbeiten mit Item Hierarchies vorgeben.
Futura Solutions hat trotzdem eine Lösung entwickelt, um Bauausschreibungen mit Item Hierarchies abzubilden. Warum?
Hartmut Schwadtke: Im Gegensatz zu SAP lassen wir unsere Kunden nicht im Regen stehen, und holen aus den Item Hierarchies alles heraus, um auch GAEB-Bauausschreibungen darüber abbilden zu können. Zugegeben, die Väter des GAEB würden sich über die Aussage „GAEB-Kompatibilität“ wundern, aber was nützt es, wenn der gemeinsamen Nenner von GAEB und den Item Hierarchies leider so klein ist.
Welche Herausforderungen gibt es dabei konkret?
Hartmut Schwadtke: Es gibt einige zentrale Einschränkungen, die beachtet werden müssen, damit später ein Austausch per GAEB in FUTURA Smart nicht an die Wand läuft. Ein Beispiel dafür ist die Strukturierung der Item Hierarchies: In S/4HANA darf eine Position an jeder Stelle einer Gliederungsebene stehen. Um GAEB-konform zu bleiben, müssen die Positionen jedoch am Ende einer Gliederungsebene eingeordnet werden.
Außerdem kennt S/4HANA keine Ordnungszahl, die für den Austausch mit Lieferanten notwendig ist. Auch kennt GAEB verschiedene Positionsarten, aber Item Hierarchies in S/4HANA unterstützen nur die „Normalposition“ – Hinweistexte, Bedarfspositionen, Alternativpositionen, Zuschlagspositionen etc. lassen sich damit nicht abbilden.
Was ist mit der im Baugewerbe üblichen Aufteilung in „Lose“?
Hartmut Schwadtke: Das fällt leider weg, da dies mit den Item Hierarchies nicht möglich ist. Das liegt nicht nur an der maximalen Anzahl von vier Titel-Ebenen, sondern vor allem daran, dass SAP kein eigenes Konzept für Lose vorsieht. Im Grundprozess des Einkaufs ist dies jedoch zumindest teilweise verschmerzbar
Wie stellt FUTURA Smart nun sicher, dass GAEB-kompatible Ausschreibungen möglich sind?
Hartmut Schwadtke: FUTURA Smart bietet dazu zwei Verfahren: Zum einen eine Excel-Vorlage, mit der Unternehmen ihre Daten strukturieren können, und zum anderen eine GAEB-Schnittstelle, die den Austausch im GAEB-Format ermöglicht.
Die in S/4HANA nicht berücksichtigten Positionsarten verwalten wir in FUTURA Smart. Wird beispielweise eine Bedarfsposition „verwendet“, wandelt FUTURA Smart diese Position in eine Normalposition um, damit sie nach S/4HANA übertragen werden kann. So lassen sich Bauausschreibungen in S/4HANA trotz der SAP-bedingten Einschränkungen verwalten.
Wie sieht es mit den übrigen SAP-Anwendungen für das Sourcing aus?
Hartmut Schwadtke: Blickt man nun auf die Item Hierarchies der SAP, muss man gleichzeitig verwundert sein, dass SAP Ariba immer noch keine solchen Strukturen kann. Denn: Item Hierarchies und SAP Ariba, dass klappt nicht. SAP-Implementierungspartner haben uns bestätigt, dass FUTURA Smart tatsächlich die einzige E-Sourcing-Lösung auf dem Markt ist, die Item Hierarchies unterstützt und obendrein GAEB verarbeiten kann. Hier haben wir also ein mehrfaches Alleinstellungsmerkmal.
Wer sollte auf Item Hierarchies setzen?
Hartmut Schwadtke: Unternehmen, die Bauausschreibungen durchführen und S/4HANA einsetzen oder es einplanen, sollten so lange wie möglich auf MM-SRV setzen, solange von SAP noch unterstützt.
Für Unternehmen, die international aufgestellt sind und nur gelegentlich Bauausschreibungen durchführen, kann das moderne Datenmodell der Lean Services mit Item Hierarchies eine zeitgemäße Option darstellen – trotz der beschriebenen Einschränkungen.
Wie ist in diesem Zusammenhang FUTURA Smart einzuordnen?
Hartmut Schwadtke: Wir reagieren auf die Produktstrategie von SAP und verwenden zeitgleich die neue Schnittstellentechnologie von S/4HANA, das heißt OData Services bzw. REST-Services. FUTURA Smart basiert auf einer Microservices-Architektur in Azure Kubernetes Service (AKS) und entspricht damit modernsten Technologiestandards. Im Zusammenspiel mit S/4HANA ist FUTURA Smart somit bestens für die Zukunft aufgestellt.
Vielen Dank für das Gespräch.
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