Dienstleistungsbeschaffung – ein Begriff, viele unterschiedliche Dienstleistungsbedarfe. Die Bandbreite reicht von Leistungen, die ähnlich gehandhabt werden wie materielle Güter im Rahmen der Materialbeschaffung, bis zu komplexen Leistungen, die im Zusammenhang mit Sachgütern erbracht bzw. geleistet werden. Im Rahmen einer eher materialgetriebenen E-Procurement-Diskussion richtet sich der Fokus der vorliegenden Studie Dienstleistungsbeschaffung 2018 auf die Beschaffung komplexer Leistungen und damit verbunden die besondere Bedeutung der Leistungsbeschreibungen bzw. Leistungsverzeichnisse. Im Mittelpunkt dieser Studie standen die Datenqualität und die Frage nach dem Stand der Integration von Daten, Prozessen und Systemen.
Der Verbesserung der Dienstleistungsqualität wird unter allen abgefragten Zielen die höchste Bedeutung zugemessen. 95 Prozent der Teilnehmer verschreiben sich diesem Ziel. Die Mehrheit von ihnen sieht sich dabei auch auf einem bereits guten Weg: 63 Prozent beurteilen den Umsetzungsgrad als (eher bzw. vollständig) erreicht. Die damit zusammenhängende Verbesserung der Versorgungssicherheit landet als Ziel sogar annähernd gleichauf in puncto Zielbedeutung (86 Prozent) und Umsetzungsgrad (80 Prozent).
Ganz anders sieht es in den klassischen Kategorien Zeit und Kosten aus. Den größten Nachholbedarf haben Unternehmen bei dem Ziel, Prozesse zu beschleunigen. Hier offenbart sich mit Abstand die größte Schere zwischen Wichtigkeit (91 Prozent) und aktuellem Umsetzungsgrad (47 Prozent) – und das obwohl der Automatisationsgrad im operativen Beschaffungsprozess bei Bestellung (55 Prozent) und Rechnungsverarbeitung (44 Prozent) bereits sehr hoch ist.
Die vorgelagerten Prozesse Bedarfsbeschreibung und -planung, Angebotsprüfung und Preisvergleich sowie Vergabeentscheidung erfolgen bei vielen Unternehmen hingegen noch wenig automatisiert: Bei über 60 Prozent der Unternehmen überwiegt in diesen Schritten eine manuelle Integration. Angesichts des mehrheitlichen Einsatzes von E-Sourcing-Lösungen (65 Prozent) und hoher Zufriedenheit in Funktionalität und Bedienungsfreundlichkeit (86 Prozent) ist dies erstaunlich. Das legt den Schluss nah, dass das Effizienzpotenzial rund um diese Kernprozesse – insbesondere Bedarfsbeschreibung und Bedarfsplanung – noch nicht ausgeschöpft wird.
Einer der Gründe dafür zeigt der Blick darauf, wie Dienstleistungsbedarfe beschrieben werden: Bei knapp 70 Prozent der befragten Unternehmen erfolgt dies in Form von Freitext, also nicht standardisiert. Lediglich 45 Prozent greifen dafür auf Mutter- bzw. Stammleistungsverzeichnisse zurück. Es verwundert daher nicht, dass bei den Unternehmen, die kein Ausschreibungssystem einsetzen, fehlende interne Voraussetzungen (Technik, Daten) mit knapp 60 Prozent die Liste anführen – noch vor den klassischen direkten Kosten- oder Ressourcenargumenten. In die gleiche Richtung weist der Grund, dass keine signifikanten Einsparungen gegenüber den bisherigen Prozessen (d. h. beispielsweise per E-Mail oder Outlook) zu erwarten sind. Dies ist bei immerhin 17 Prozent der Befragten ausschlaggebend.
Auch in den anschließenden Prozessen tauchen diese Gründe immer wieder ganz oben auf. Eine zu geringe „Katalogfähigkeit“ der relevanten Dienstleistungen (38 Prozent) ist der Hauptgrund, warum kein E-Procurement-System eingesetzt wird. An zweiter Stelle sind es wieder fehlende interne Datenvoraussetzungen (32 Prozent), die ebenfalls für 40 Prozent der Befragten gegen die Einführung eines Gutschriftverfahrens sprechen. Fehlende oder mangelnde Standardisierung wirkt sich daher auf die Datenqualität im gesamten Beschaffungsprozess aus und ist ein zentraler Trigger, warum digitale Effizienz entweder nicht oder nicht im vollen Umfang zum Tragen kommt.
E-Sourcing-Lösungen werden häufiger als Schattenlösung eingesetzt als E-Procurement-Lösungen. Während bei ersteren bei 38 Prozent der Befragten keine Integration in das betriebliche Backend-System sinnvoll bzw. möglich ist, ist dies in der operativen Beschaffung nur bei 13 Prozent der Unternehmen der Fall. Das liegt möglicherweise auch daran, dass zur Dienstleistungsabwicklung überwiegend SAP zum Einsatz kommt: 62 Prozent gaben an, das ERP-System bzw. S/4 HANA zu nutzen, bei 37 Prozent ergänzen weitere SAP Procurement-Lösungen wie SAP SRM oder Ariba. Auffällig ist mit 15 Prozent ein hoher Anteil sonstiger Lösungen, die sich in eine Vielzahl branchenspezifischer bzw. eigenentwickelter E-Procurement-Systeme aufsplitten.
E-Procurement-Landschaften fokussieren in der Regel auf die materialgetriebene direkte Beschaffung. Workflows, die sich speziell aus der Beschaffung von Dienstleistungen ergeben, laufen da oft unter dem Radar.
An der Trendstudie Dienstleistungsbeschaffung 2018 beteiligten sich 102 Teilnehmer aus deutschen Unternehmen durch Ausfüllen eines Online-Fragebogens. Die Beteiligung erfolgte anonymisiert in den Monaten Mai bis Juli 2018. Die Fragen orientierten sich an den Kernprozessen rund um E-Sourcing (Anfragen und Ausschreibung), operative Beschaffung (Abwicklung und Leistungserfassung) sowie Invoicing. Diesen vorangestellt waren Fragen zu den (prozessübergreifenden) Zielen in der Dienstleistungsbeschaffung, den Herausforderungen und Optimierungsansätzen.
Hartmut Schwadtke
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